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Landesliga: SCU2 gegen Forst oder die Rückkehr der „Wundertüte“ …

von Jens Jonitz

In der Vergangenheit wurden wir bereits das ein oder andere Mal von unseren Widersachern als „Wundertüte“ bezeichnet und am vergangenen Spieltag haben wir unserem Namen einmal mehr alle Ehre gemacht. Aus unserer Sicht im höchst erfreulichen Sinn, denn wir konnten beinahe aus dem Vollen schöpfen. Hätte nicht tags zuvor noch unser Spitzenbrett der ersten Mannschaft abgesagt, hätten wir eine Truppe mit einem DWZ-Schnitt von 2141 an den Start beziehungsweise an die Bretter gebracht. So war es dann „nur“ ein Schnitt von 2101 – eine Mannschaft, die sich auch in der Verbandsliga nicht verstecken müsste … Betrachtet man hingegen den ersten Spieltag der vergangenen Saison (DWZ-Schnitt von 1511) darf sicherlich festgehalten werden, dass wir die Bezeichnung „Wundertüte“ nicht ganz zu Unrecht erhalten haben.

Um es an dieser Stelle bereits vorwegzunehmen, unser Sieg gegen Forst war meines Erachtens vollkommen verdient und auch zu keiner Zeit gefährdet, allerdings spiegelt die Höhe des Sieges nicht ganz den Spielverlauf wider …

Brett 1 Dan ½

Die frühe Eröffnungsphase habe ich nicht nur bei Dan nicht mitbekommen, sondern diese entging mir (fast) bei allen. So war der erste Eindruck, den ich von Dans Partie hatte ein sehr guter und das sollte sich auch bis zum Schluss nicht ändern. Leider hat es nicht ganz zum Sieg gereicht, denn sein Gegner hat das Turmendspiel mit Minusbauer gut verteidigt und konnte so den halben Punkt festhalten. Nach der Partie meinte Dan, dass er wohl genau im 40sten Zug die Möglichkeit hatte – unter Bauernopfer – eine aktivere Figurenstellung zu erreichen, was er angesichts der Zeitknappheit dann aber nicht forcierte, im Anschluss jedoch keine zweite Chance dazu bekam.

Brett 2 Vaeceslav 1

Vaeceslavs Partie habe ich mir auf unserer inoffiziellen anschließenden Weihnachtsfeier noch einmal in Ruhe anschauen können und obwohl es an der ein oder anderen (ein klein wenig unübersichtlichen) Stelle durchaus interessant gewesen wäre, wie Fritz die Stellung einschätzt, würde ich die Partie (mit meiner bescheidenen Sachkenntnis) als einen überzeugenden Start-Ziel-Sieg betrachten wollen, auch wenn das Ende aufgrund eines Figureneinstellers doch recht abrupt kam.

Brett 3 Jochen 1

Der Partieverlauf stand unter ähnlichen Vorzeichen wie bei Dan an Brett 1. Nachdem sich weitestgehend der Mittelspielrauch verzogen hatte, verblieb Jochen mit dem guten gegen den schlechten Läufer und der vollständigen Dominanz der einzig offenen Linie – allein der Gewinnweg war nicht offensichtlich. Auf der Suche nach demselben – er opferte im weiteren Verlauf nicht ohne eigenes Risiko einen Bauern, um seinen König auch noch ins Spiel zu bringen, was ihm am Ende ein gewonnenes Turmendspiel einbrachte, eine ganz starke kämpferische Leistung – war Jochen wohl zwischenzeitlich gedanklich so weit entrückt, dass er dabei sogar ein Schachgebot seines Gegners ignorierte, um sich nicht von seinem gefassten Plan abbringen zu lassen. Glück, dass er mit der gezogenen Figur nicht das Schachgebot unter eventuell ganz ungünstigen Umständen parieren konnte/musste. Manchmal geschehen am Schachbrett Dinge, für die es schwerfällt eine Erklärung zu finden – dazu später noch Teil II.

Brett 4 Stefan ½

Für den Preis einer unschönen Bauernstruktur hat Stefan sich in seiner Partie das Läuferpaar gesichert, das mindestens ausreichend Kompensation versprechen sollte. Als dann noch die Damen vom Brett getauscht wurden und mit diesem Tausch sogar der isolierte Doppelbauer aufgelöst werden konnte, war ich gedanklich schon auf Sieg programmiert. Allerdings trübte sich das Bild fortan mit jedem neuerlichen Blick zunehmend ein und in der Schlussstellung war es eher sein Kontrahent, der den vollen Punkt ins Visier hätte nehmen können.

Brett 5 Markus 1

Das war die Partie, von der ich am wenigsten mitbekommen habe. Entschieden wurde sie in einem Bauernendspiel, von dem es in der ersten Analyse hieß, es wäre wohl Remis gewesen. Im Lauf der weiteren Analyse wurde diese Einschätzung allerdings revidiert und Markus erzählte mir später am Abend, dass sie eine Variante gefunden haben, die forciert zu einem Damenendspiel mit 3 Mehrbauern geführt hätte. Mit leise mitschwingendem Optimismus kommentierte er das beschriebene Materialverhältnis wie folgt „das hätte ich dann vielleicht auch gewonnen“.

Brett 6 Almir ½

Beinahe hätte ich – obwohl das Ergebnis ja schon lange feststeht – bei Almir in der Überschrift eine 0 geschrieben. Das war schon ganz großes Kino, das ich da am Nebenbrett geboten bekam. Bereits nach deutlich weniger als 20 Zügen hat Almir es mit Weiß geschafft 2 Bauern einzustellen und als „Kompensation“ dafür unkoordiniert stehende Figuren und eine anfällige Königsstellung erhalten. Die Niederlage schien nur eine (kurze) Frage der Zeit, bis sein Gegner – sicherlich in der Hoffnung möglichst viel Material abtauschen zu können, um die Stellung weitgehend zu vereinfachen – einen Bauern zurückgab, allerdings in der Folge davon auch noch ein äußerst unangenehmes Eindringen der Dame in seine Stellung zulassen musste. Eine Bewertung der Schlussstellung vermag ich hier nicht abzugeben, beendet wurde die Partie durch eine dreimalige Stellungswiederholung.

Brett 7 Jens 1

Nachdem ich bereits zum vierten Mal in dieser Saison die schwarzen Steine führen „durfte“ war ich mit dem Eröffnungsverlauf alles andere als unzufrieden, denn ich stand danach (völlig überraschend) nicht schlechter. Und das sollte sich im Lauf der Partie auch kein einziges Mal ändern. Mein Problem war nur, ich stand auch in 99% des gesamten Spielverlaufs nie wirklich besser. Mein Gegner spielte mutig mit, machte vernünftige und logische Züge und mir ging nach und nach das Material aus, um dem Spiel noch meine erhoffte Wende geben zu können. In einem Anflug geistiger Umnachtung lehnte ich ein zweites Remisangebot meines Gegners ab und wähnte mich in einem Läuferendspiel mit meinem (vermeintlich) guten Läufer auf der Siegerstraße – was objektiv betrachtet auch zu diesem Zeitpunkt vollkommen ausgeglichen war. Hier komme ich nun an den Punkt, an dem es zum zweiten Mal in diesem Kampf schwerfällt eine Erklärung für die Ereignisse zu finden. Anstatt mit König und Läufer hin- und herzuziehen hat sich mein Gegner mit einem einzigen Bauernzug (der nicht nur unmittelbar den Bauern einstellt, sondern die ganze Stellung sofort kollabieren lässt) um den verdienten Lohn seines bis zu diesem Zeitpunkt tadellosen Spiels gebracht. So glücklich dieser Sieg für mich, so bitter war die Niederlage für meinen Gegner. Von einem – aufgrund der doch recht unterschiedlichen Wertungszahlen – vorhandenen Klassenunterschied kann in dieser Partie jedenfalls keine Rede sein.

Brett 8 Jasmin 1

Ohne es mit Sicherheit – aufgrund „ausbaufähiger“ (ich hätte auch schreiben können nicht vorhandener) Theoriekenntnisse – sagen zu können, würde ich vermuten, dass es an Jasmins Brett eine lange Theorievariante gab, an deren Ende sie einen Bauern mehr, dafür aber Schwierigkeiten mit der Entwicklung ihrer Figuren besaß. Nicht lange nach dieser ersten Einschätzung habe ich beim nächsten Blick auf die Geschehnisse für einen kurzen Moment mit Schrecken, dann aber ausschließlich mit Verzücken einen zunächst „unwirklich“ aussehenden g-Bauernvorstoß zur Kenntnis genommen, der das Spiel meiner Einschätzung nach bereits zu diesem frühen Zeitpunkt vorentscheidend beeinflusst hat, da mit ihm ein weiterer Bauer des Gegners verloren ging und – noch viel wichtiger – Jasmins Figuren nunmehr Zug für Zug prächtige Felder einnehmen konnten.

Fazit

Es war erfreulicherweise nicht nur für U2, sondern für den ganzen Verein ein sehr erfolgreicher Spieltag – insgesamt wurden 7 Mannschaftspunkte von unseren 4 Mannschaften eingesammelt. Ganz maßgeblich hat dazu sicherlich auch die Antrittsmoral an diesem Spieltag beigetragen. Je nachdem wie sich die erste Mannschaft positioniert, fallen natürlich bereits im Vorfeld mal mehr und mal weniger Spieler für die nachfolgenden Mannschaften weg. Üblicherweise bleibt es dann aber auch nicht aus, dass hier und da noch die ein oder andere Absage dazukommt, die einer eventuell schon angespannten Personalsituation dann vollends den Rest geben. Nichts davon an diesem Spieltag, der in dieser Form (befürchtungsweise) lange einzigartig bleiben wird.

PS

Für helfende Hände beim Open gibt es übrigens – im Gegensatz zu den Spielereinsätzen an den Verbandsrundenterminen – keine Sperrklauseln, also lasst uns bei den unzähligen Open-Diensten auch so eine Antrittsmoral zeigen!

PPS

Wenn ich schon mal einen Bericht schreibe, will ich die Chance nicht ungenutzt lassen, um unseren Webmastern ein riesiges Kompliment für Ihren sensationellen Job zu machen! Bitte weiter so! Alle Leser und Besucher unserer Website möchte ich daran erinnern, dass es auch möglich ist, einen Kommentar zu hinterlassen. Das würde unsere Internetpräsenz noch interessanter und attraktiver machen, aber das kann das Team „hinter den Kulissen“ nicht auch noch für uns leisten, das müssen wir schon selber tun!

von Ralf Toth

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Kommentar von Ralf Toth |

Wunderschöner, fundierter Bericht! Zur Verwendung der Kommentarfunktion kann ich ebenfalls nur ermuntern.

Kommentar von Marcus Krug |

Dass es primzipiell möglich ist, Kommentare abzugeben, stimmt zwar, doch die werden gerne 'mal gelöscht, sobald sie ein wenig kritisch sind.