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Wiechert im Mittelfeld bei Baden-Württembergischer Schnellschachmeisterschaft

Dr. Oswald Gschnitzer gewinnt / J. Rosner (Baden), J. Hirneise bzw. N. Pogan (Württemberg) für Deutsche qualifiziert

von FM Hans Wiechert

Am vergangenen Wochenende fand erstmals die gemeinsame Baden-Württembergische
Schnellschaftmeisterschaft statt – bisher hatten die beiden unabhängigen Landesverbände Baden und Württemberg jeweils auf eigenen Meisterschaften ihre Titelträger bestimmt, wenn auch auf württembergischer Seite zusätzlich badische Akteure als Gastspieler zugelassen waren. Nun also erstmals ein gemeinsames Turnier, das in der schönen Stauferstadt Bad Wimpfen vom Stapel lief.
Voller Elan machte ich mich auf die Autobahn, zumal ich mir durchaus Chancen auf die vorderen
Plätze, eventuell sogar auf die Qualifikation zur Deutschen ausrechnete.

Vor zwei Jahren in Ettlingen war ich ja schon einmal nah dran gewesen und erst im notwendig
gewordenen nachträglichen Stichkampf in Kuppenheim ausgeschieden. Das Event wurde in der Stauferhalle, einer klassischen „Turnhalle“, ausgetragen, für Speis und Trank war reichhaltig gesorgt.
Zum Turnier: Immerhin 130 Teilnehmer hatten sich eingefunden, wobei die württembergischen in
der Mehrzahl waren. Wie sich herausstellte, war ich an 25 gesetzt, wobei die Spitze elomäßig
extrem nah beieinander lag, also durchaus einiges möglich war, sollte es gut laufen. GMs waren
keine am Start, lediglich mit Dr. Oswald Gschnitzer, Jonas Rosner, Vadim Chernov, Srdan
Panzalovic und „Haudegen“ Uli Schulze einige IMs und natürlich viele FMs und ein CM. Die
Frauenmeisterinnen wurden im gleichen Turnier parallel mitbestimmt, hier galten WGM Jessica
Schmidt und WIM Manuela Mader auf badischer und Simona Gheng auf württembergischer Seite
als Favoritinnen.

Das Turnier ließ sich für mich sehr gut an, als Weißer hatte ich gegen Marco Seybold (Besigheim)
leichtes Spiel und ließ meinem jungen Kontrahenten im Königsinder nicht den Hauch einer Chance.
In Runde zwei ging es sehr gut weiter, als Nachziehender gegen Marcel Mikeler (Heilbronn) im
Bogoinder stand ich von Beginn an sehr gut, da der Gegner mit den Feinheiten der Eröffnung
offensichtlich nicht wirklich vertraut war. Ein scheinbar „cooles“ Damenopfer auf c8 nebst
Turmverdoppelung auf der c-Linie und Einstieg auf c7 beruhte seitens meines Gegners auf einem
Rechenfehler, denn nach ...g6 ging kein Grundlinienmatt mehr und der Turm auf c7 konnte mit
Dame und Springer zweimal mit Mehrqualität geschlagen werden. Die technische Phase bereitete
dann keine Probleme mehr. Zwei aus zwei also, jetzt musste ein guter Gegner kommen. So war es
dann auch, FM Nikolas Pogan vom württembergischen Oberligisten Heilbronner SV musste aus
dem Weg geräumt werden. Leider gelang dies nicht, obwohl ich in der Eröffnung riesigen Vorteil
erlangen konnte. Nach dem Schlagen auf a6 nebst Sb4 und Bauerngewinn auf a6 oder Einstieg auf
c6 wäre es bei Schwarz schnell zu Ende gewesen, leider sah ich dieses Motiv zu spät und musste
mit einer mehr oder weniger ausgeglichenen Stellung vorliebnehmen. Im Endspiel ging dann nach
Damentausch plötzlich „wie aus heiterem Himmel“ c6, was den Verlust des auf d5 gefesselten
Bauern zur Folge hatte, wonach die Partie gelaufen war. Wirklich schade, denn es war klar, dass
man mindestens 7,5 Punkte holen musste, um ganz nach oben zu kommen.

In Runde vier musste ich nun auf jeden Fall gewinnen, was mir als Schwarzer im Duell mit Vladimir Shapiro (Eppingen) auch gelang. Im Caro-Kann wählte der Gegner eine Nebenvariante und opferte nach einigen Zügen ohne Not eine Figur, die er nie wieder zurückbekam, im Gegenteil, im späteren Partieverlauf ging weiteres Material verloren. Drei aus vier und noch eine Runde vor der Mittagspause – es war noch alles drin. Mit dem Jugendspieler Jan Brunner vom TSV Schönaich bekam ich als Anziehender einen weiteren schlagbaren Gegner serviert. Zu Beginn lief im Dameninder in einer giftigen, aber heutzutage komischerweise kaum noch vorkommenden Variante alles nach Plan – harmonische Figurenstellung, kleiner Vorteil bei nicht existentem Gegenspiel des Gegners – Positionsherz, was willst du mehr? Dann jedoch das Unerklärliche – ich übersah bei einer Tauschaktion, dass der auf a6 stehende gegnerische Läufer plötzlich ungestraft den auf e2 stehenden Bauern schlagen konnte! „Restabbilder“ nannte das Nikolai Krogius einst in seinem Sportverlag-Buch „Psychologie im Schach“, falls das einer der diesen Bericht lesenden geneigten Internetsurfer noch kennen sollte.
Wie auch immer, nach dem Einsteller versuchte ich noch alles, aber die Stellung gab einfach nichts mehr her und war auch für den deutlich eloschwächeren Gegner (zu) leicht zu spielen – aus die Maus, ganz nach vorne konnte ich mit nunmehr bereits zwei Verlusten nicht mehr kommen, und das auch noch komplett unnötigerweise! In der anschließenden Mittagspause ließ ich dann meinen Frust an zwei „Wiener Schnitzeln“ nebst einem leckeren Salat aus – wenigstens beim Mittagessen gab's nix zu meckern! Ich nahm mir hernach vor, das Turnier noch ordentlich zu Ende zu spielen – aber, sind wir ehrlich, natürlich war die Luft nun schon a bisserl raus.

In Runde sechs war ich als Nachziehender gegen Martin Friebe (SV Leonberg) klarer Favorit und stand, wiederum in einer Nebenvariante im Caro-Kann, auch bereits nach der Eröffnung bis ins frühe Mittelspiel hinein zumindest ausgeglichen, eher etwas besser mit diversen Durchbruchmotiven. Als ich dann dachte, der geeignete Moment für den Bauerndurchbruch ...d5-d4 sei gekommen, fiel ich nach Ausführung desselben aus allen Wolken, als der Gegner plötzlich Lg2 schlägt Springer c6 zog, wonach ich einfach ersatzlos eine Figur verlor! Nun ja, was will man machen – so kann man natürlich nicht oben mitmischen. Runde sieben brachte dann wieder einen locker herausgespielten Positionssieg gegen Sebastian Bitzenauer (Altbach), Runde acht ein eher schmeichelhaftes Remis gegen Julia Sheynina (Karlsruhe). Meine Gegnerin gewann auch den Preis als beste Frau im Teilnehmerfeld und qualifizierte sich als Badenerin damit ebenso für die „Deutsche“ wie Simona Gheng (Deizisau) auf württembergischer Seite. Runde neun setzte meinem Turnier dann die Spitze auf – in klar besserer Stellung mit Mehrbauer ließ ich meinen jugendlichen Gegner Sajat Medeuov (SF Steinsfurt) unnötigerweise sehr aktiv werden, verlor meinen Mehrbauern wieder und stellte zum Schluss in Remisstellung auch noch in einem Anflug von Schachblindheit meinen Läufer ein. Fünfzig Prozent und Rang 59 – damit kann ich natürlich nicht zufrieden sein und es kann nur besser werden – jetzt kommt erst einmal die Sommerpause, Zeit, um Energie zu tanken und im Herbst in der Oberliga wieder durchzustarten.

Das Turnier gewann übrigens Dr. Oswald Gschnitzer (Walldorf) mit 7,5/9 vor Jens Hirneise (Rommelshausen, ebenfalls 7,5, aber schlechtere Wertung), die sich damit ebenso für die „Deutsche“ qualifizierten wie Jonas Rosner (Ettlingen, ebenfalls 7,5) sowie Pogan (7 Punkte und beste Wertung).

Ergebnislink

von Ralf Toth

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